25. Aug 2016

FOOD FRAUD – eine neue Bedrohung?

Food Fraud, inklusive „EMA“ (Economically Motivated Adulteration), gewinnt zunehmend an Bedeutung und steht derzeit mehr im Fokus denn je. Unternehmen der Lebensmittelindustrie haben sich in den letzten Jahren intensiv mit Maßnahmen zur Erhöhung des Produktschutzes (Food Defense) auseinander gesetzt und Vorkehrungen getroffen, um eine absichtliche Kontamination ihrer Produkte durch Angreifer, die dem Unternehmen oder einzelnen Personen Schaden zufügen wollen, zu verhindern. Im Gegensatz zu Food Defense ist die Motivation für Food Fraud eine bewusste Verfälschung verbunden mit einem hohen wirtschaftlichen Interesse der handelnden Akteure. Gier nach Profit steht dabei im Vordergrund. 

Gerade aber, weil in den meisten Fällen die für die Verfälschungen eingesetzten Mittel nicht bekannt sind und auch nicht absehbar ist, in welchem Ausmaß es zu Verfälschungen kommt, gibt es in Hinblick auf Food Fraud Vorfälle eine hohe Dunkelziffer. Weltweit ist die Bedrohung durch Food Fraud folglich nur schwer abschätzbar, da diejenigen, die betrügerische Handlungen setzen, diese mit Bedacht so ausführen, dass der Betrug nicht oder nur bedingt erkennbar ist.

Unter Food Fraud fallen aber nicht nur unzulässige Beimengungen zu Lebensmitteln, wie z.B. das bekannte Beimengen von Melamin zu Milchpulver, sondern auch Wandlungen und Falschdeklarationen, der Abtausch wertbestimmender oder hochwertiger Inhaltsstoffe durch billigere (Fremd-) Stoffe, das Strecken oder Verdünnen von Flüssigkeiten, das arglistige Verschweigen bekannter Gefahren in Lebensmitteln, Fälschungen oder die Maskierung minderer Qualitäten.

Die Gründe für die Zunahme an Lebensmittelbetrugsvorfällen sind mannigfaltig. Besonders fördernd sind einerseits die Aussicht auf einen i.d.R. hohen Gewinn bei geringem Risiko, erwischt zu werden, da die Lieferketten immer komplexer werden und andererseits der wachsende Druck, Lebensmittel immer günstiger herzustellen.

Zahlreiche lebensmittelbedingte Krisenfälle, bei denen es zu einer absichtlichen Verfälschung oder Falschdeklaration von Produkten gekommen ist, haben die Themen Produktauthentizität und das Erkennen von Verfälschungen nicht nur in den Fokus von Verbrauchern und Behörden gerückt, sondern auch zum zentralen Thema auf GFSI Ebene gemacht. Die EU Kommission hat ein sogenanntes „Food-Fraud-Netzwerk“ (FNN) eingerichtet, das darauf abzielt, Informationen über grenzüberschreitende Sachverhalte, bei denen der Verdacht von betrügerischem Handeln besteht, sowie Maßnahmen und Ergebnisse von Ermittlungen unter den Mitgliedsstaaten rasch auszutauschen. Jeder Mitgliedsstaat muss einen sogenannten nationalen „Food Fraud Contact Point“ benennen. 2015 wurden, wie im “Food Fraud Network Activity Report” veröffentlicht, 108 Vorfälle gemeldet.

Seitens GFSI wurde ein „Food Fraud Think Tank“ damit beauftragt,  zu analysieren, wie Unternehmen ihre bestehenden Lebensmittelsicherheitsmanagementsysteme verbessern können, um die Gefahren bedingt durch betrügerische Aktivitäten zu minimieren und Verbraucher zu schützen sowie Handlungsempfehlungen daraus anzuleiten.

Im GFSI Positionspapier „GFSI Position on Mitigating the Public Health Risk of Food Fraud“ wird folgende Vorgehensweise empfohlen:

  1. Durchführung eines Food Fraud Assessments (Schwachstellenanalyse)

  2. Implementierung von Maßnahmen zur Minimierung der erkannten Risiken

Bei der Durchführung der Schwachstellenanalyse gilt es, nach dem Motto „denke wie ein Krimineller“ vorzugehen, um die kritischen Punkte in der Lebensmittelkette (inkl. Rohstoffe, Zwischen- und Endprodukte, Verpackungsmaterialien, Zusatz-und Hilfsstoffe), die besonders interessant für Food Fraud sein könnten, zu identifizieren und zu bewerten. Neben wirtschaftlichen Aspekten, wie z.B. Preisschwankungen, werden die Länge und Komplexität der Lieferkette, die allgemeine Verfügbarkeit von Rohstoffen (insbesondere Rohstoffverknappungen durch Klimaveränderungen und Naturkatastrophen), die Kunden-Lieferantenbeziehung, der Ursprung sowie die Beschaffenheit der Produkte selbst (besonders hohes Risiko bei vermahlenen oder zerkleinerten Produkten) und vorhandene und mögliche Kontrollstrategien eine entscheidende Rolle in der Risikobeurteilung spielen.  Darauf aufbauend soll ein dokumentierter Maßnahmenplan entwickelt werden, um Risiken durch betrügerische Tätigkeiten bestmöglich vom eigenen Unternehmen fernzuhalten. Verifizierung von Herkunft und Kennzeichnung, verstärkte (unangekündigte) Lieferantenaudits entlang der gesamten Lieferkette, Entwicklung von Technologien zur Erkennung von Verfälschungen und Erweiterung des Analysenumfangs werden also künftig massiv an Bedeutung gewinnen.

Die vom Think Tank empfohlene Vorgehensweise zur Vermeidung von Food Fraud Risiken ist auch in der GFSI Guideline Version 7 verankert. Unternehmen, die nach einem GFSI anerkannten Standard, wie IFS und BRC oder FSSC 22000, zertifiziert sind, werden künftig Anforderungen zu den Verfahren der Verhinderung von Verfälschungen und zur Gewährleistung der Authentizität von Lebensmitteln und deren Verpackungen erfüllen müssen, um auch im Zuge des Audits nachzuweisen, dass sie Vorkehrungen getroffen haben, der zunehmenden Bedrohung durch Betrugsfälle mit entsprechenden Mitteln zu begegnen.

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