31. Jul 2015

ISO 9001 Revision einfach erklärt

Kompetenz

Die Schlussentwürfe der ISO 9001 und ISO 14001 Revision sind erschienen! Sie sind bei Austrian Standards erhältlich (ISO/FDIS 9001:2015ISO/FDIS 14001:2015). Beide Normungsprojekte laufen damit weiterhin im Plan! 

Quality Austria bietet in einer Reihe von Fachbeiträgen Informationen zur Revision der ISO 9001:2015. Jedes Monat wird ein Kernkonzept der Revision vertiefend erläutert. Diesmal erklärt Ing. Friedrich Smida, MA die Anforderungen zum Thema Kompetenz und wie diese umgesetzt werden können.

Wissen in der ISO 9001 - Anforderungen zum Thema Kompetenz

Ing. Friedrich Smida, MA

 

Eine wesentliche Anforderung der ISO 9001:2015 ist es, die Kompetenz jener Personen zu bestimmen, die Tätigkeiten verrichten, welche die Qualitätsleistung der Organisation beeinflussen. Dies trifft in erster Linie jene Personen, die an der Produkt- oder Dienstleistungsentstehung, oder in der Gestaltung von Produkten und Dienstleistungen oder im direkten Kundenkontakt beteiligt sind.

Diese Anforderung der ISO Revision ist im Grunde genommen nicht neu. Die Kompetenzanforderungen an Mitarbeiter wurden oftmals in den Organisationen mit Qualifikationsanforderungen gleichgestellt und diese in den Stellenbeschreibungen, Rollenbeschreibungen oder Anforderungsprofilen festgehalten. Es besteht jedoch ein großer Unterschied zwischen einer Qualifikation und einer Kompetenz, welcher in der nachfolgenden Darstellung erklärt wird.

Nach Definition der europäischen Kommission (2008) ist eine Qualifikation das formale Ergebnis eines Beurteilungs- und Validierungsprozesses, bei dem eine dafür zuständige Stelle festgestellt hat, dass die Lernergebnisse einer Person vorgegebenen Standards entsprechen. Eine Qualifikation wird durch Ausbildung oder Weiterbildung erreicht. Sie besteht aus einem Set von Kenntnissen und Fertigkeiten, die zur Beschreibung und Zuordnung der Qualifikation eingesetzt werden.

Ob ein Individuum aufgrund der vorhandenen Qualifikation auch selbstorganisiert und kreativ handeln kann, ist durch das Ablegen einer Lernüberprüfung kaum zu erfassen. Qualifikationen sind im Sinne von Leitungsparametern prüfbar und durch Maßnahmen, wie Ausbildung, verbesserbar. Wissen, Fertigkeiten und Qualifikationen sind demzufolge keine Kompetenzen, wiewohl es keine Kompetenzen ohne Wissen, Fertigkeiten und Qualifikationen gibt.

Im betrieblichen alltäglichen Umfeld interessieren uns in erster Linie nicht die Qualifikationen, welche für die unterschiedlichen Positionen vorausgesetzt werden, es interessieren uns jene Fähigkeiten in unerwarteten, offenen, zuweilen chaotischen Situationen kreativ und selbstorganisiert zu handeln. Diese Fähigkeit nennt man Kompetenz. Die ISO 9001:2015 definiert Kompetenz als "Fähigkeit, Wissen und Fertigkeiten anzuwenden, um beabsichtigte Ergebnisse zu erzielen". Diese lässt sich nicht direkt überprüfen, sie lässt sich nur aus der Realisierung der Dispositionen, aus dem aktuellen Handeln, aus der Performanz immer erst im Nachhinein erkennen.

 

Exkurs Kompetenzen

Will man Kompetenzen einteilen und definiert dabei die Kompetenz als "Fähigkeit zu handeln" kann man sich die Frage stellen: "Wem gegenüber man eigentlich handelt"? Dabei ergeben sich folgende Möglichkeiten:

  • Man kann gegenüber sich selbst handeln (personal)
  • Man kann gegenüber anderen Handeln (sozial)
  • Man kann Sachverhalten gegenüber handeln (etwas bearbeiten - fachlich oder methodisch)

 

Das Handeln kann man mit mehr oder weniger großen Aktivität machen.

Hier herrscht bei allen Wissenschaftlern die sich mit Kompetenz beschäftigen und von dem Handlungsansatz ausgehen, im Grunde hohe Einigkeit betreffend der nachfolgend angeführten Kompetenzen (Kompetenzklassen):

Personale Kompetenz (reflexiv selbstorganisiert handeln, d.h. sich selbst einschätzen, produktive Einstellung, Werthaltung, Motive und Selbstbilder zu entwickeln, Motivation und Leistungsvorsätze zu entfalten, usw.).

Fach- /Methodenkompetenz (selbstorganisiert mit fachlichen und instrumentellen Kenntnissen, Fertigkeiten und Fähigkeiten kreativ Probleme zu lösen, Wissen sinnorientiert einzuordnen und zu bewerten, Methoden einzusetzen und weiterzuentwickeln).

Sozial-/Kommunikationskompetenz (sich mit anderen kreativ auseinander- und zusammenzusetzen, sich gruppen- und beziehungsorientiert zu verhalten und neue Aufgaben und Ziele zu entwickeln).

Aktivitäts- und Umsetzungskompetenz (aktiv und gesamtheitlich selbstorganisiert zu handeln und dieses handeln  auf die Umsetzung von Zielen und Vorhaben zu richten, entweder für sich selbst oder für andere und mit anderen im Team, in Unternehmen. Das umfasst das Vermögen, die eigenen Emotionen, Motivationen, Fähigkeiten und Erfahrungen sowie alle anderen Kompetenzen zu integrieren und Handlungen erfolgreich zu realisieren).

John Erpenbeck definiert die genannten Kompetenzen als sogenannte Grundkompetenzen (Schlüsselkompetenzen). Einzel- oder Teilkompetenzen können den Kompetenzen als "abgeleitete Kompetenzen" oder "Querschnittskompetenzen" zugeordnet werden.

 

Festlegen und Bewerten von Kompetenzen

Es ist für jede Organisation, unabhängig von der Organisationsgröße, erforderlich kompetente Personen für die zur verrichtenden Tätigkeiten einzusetzen. Dabei werden oftmals Kompromisse eingegangen. Weniger oft bei den scheinbar einfacheren Tätigkeiten, als bei den Komplexeren (z. B. Führungsaufgaben). Es ist sinnvoll, die erforderlichen Kompetenzen für die zu besetzende Position zu definieren (was benötigt die Position) und die vorhanden Kompetenzen der ausgewählten Person zu bewerten.

Das Soll-Profil für eine Position wird durch die Führungskraft, eventuell auch unter Berücksichtigung der Strategie, durch den Vorgesetzten festgelegt. Das Ist-Profil erfolgt durch Einschätzung (eventuell durch ein Team oder den Vorgesetzten). Was unter den einzelnen Schlagwörtern der Anforderung zu verstehen ist, sollte entsprechend definiert werden, um eventuelle Verständnisprobleme zu vermeiden.

Abbildung: Kompetenzanforderungsprofil eines Mitarbeiters

Das Soll-Profil für eine Position wird durch die Führungskraft, eventuell auch unter Berücksichtigung der Strategie, durch den Vorgesetzten festgelegt. Das Ist-Profil erfolgt durch Einschätzung (eventuell durch ein Team oder den Vorgesetzten). Was unter den einzelnen Schlagwörtern der Anforderung zu verstehen ist, sollte entsprechend definiert werden, um eventuelle Verständnisprobleme zu vermeiden.

Aus den Differenzen der Einschätzung (soll:ist) können sich Maßnahmen (Schulungen) ergeben. Die Schulungsmaßnahmen werden oft in einem Schulungsplan festgehalten. Die Prüfung der Wirksamkeit von Schulungsmaßnahmen, kann mit verschiedenen Methoden, wie z. B. Einschätzung des Vorgesetzten, strukturierte Interviews bei Mitarbeitern, Verhaltensbeobachtungen, Kompetenz-Tests usw., erfolgen. Das Ergebnis mündet wieder in der dem Mitarbeiter zugordneten Matrix.

 

Literaturverzeichnis

  • Erpenbeck, J./Rosenstiel von, L. (Hrsg.) (2007): Handbuch Kompetenzmessung. Erkennen verstehen und bewerten von Kompetenzen in der betrieblichen pädagogischen und psychologischen Praxis. 2. überarbeitete und erweiterte Auflage, Schäffer-Poeschel Verlag, Stuttgart.
  • Rosenstiel v., L. (2007): Grundlagen der Organisationspsychologie. 6. Auflage, Schäffer-Pöschel Verlag, Stuttgart.
  • Scholl, W., (2007): Grundkonzepte der Organisation. In: Schuler, H. [Hrsg.] (2007): Lehrbuch Organisationspsychologie. 4. vollständig überarbeitete und erweiterte Auflage, Verlag Hans Huber, Bern.
  • Schuler, H. [Hrsg.] (2007): Lehrbuch Organisationspsychologie. 4. vollständig überarbeitete und erweiterte Auflage, Verlag Hans Huber, Bern.

Autor

Ing. Friedrich Smida, BA MA
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